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Meinung: Ich hasse ALLE Apps

Meinung: Ich hasse ALLE Apps
Tim Vüllers

Tim Vüllers

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Eigentlich meine ich im Titel: “Ich hasse alle Apps, die das Internet nutzen”. Aber in einer Welt, in der selbst eine Taschenlampen-App (siehe Screenshot) eine Internetverbindung benötigt, finde ich die Vier-Worte-Version griffiger, klickbarer und genauso wahr, denn: Ich hasse ALLE Apps (die das Internet nutzen) – und Sie sollten es auch.

Selbst Taschenlampen-Apps verlangen Zugriff auf das Internet, SMS oder Ihren Standort.Ich weiß nicht, in welcher Welt Sie leben, aber in meiner sind Smartphones ein ständiger Begleiter. Ich lese morgens in der U-Bahn die Nachrichten, unterwegs höre ich Musik und im Büro nutze ich jeden Gang zur Toilette, um bei Facebook nach dem neuesten Ausschau zu halten.

Es sind keine außergewöhnlichen Wunder, die meine Smartphones hier vollbringen sollen. Doch egal ob Windows Phone, iPhone oder meinem Nexus 5 mit dem zerbrochenen Display – ich habe auf allen Geräten dasselbe Problem: Ist die Internetverbindung schwach, geht nichts mehr.

Die Lüge von der Offline-App

Der Vorteil von sogenannten Nativen Apps, Anwendungen aus dem App Store des Vertrauens: Diese Apps sollten auch ohne Internetverbindung funktionieren. In der Diskussion zwischen Web-Apps und nativer App führt man dieses Argument gerne ganz vorn auf. Nur: Offline ist eine garstige Lüge, die in keiner Weise unserer Wirklichkeit entspricht.

Entwickler leben in einer Traumwelt, in der wir immer vollen Netzempfang haben. Das beste Beispiel für dieses Paralleluniversum ist Apples Screencasting in OS X Yosemite. Wenn man das iPhone für eine Aufnahme des Bildschirms anschließt, erscheint der Akku nicht nur als voll geladen. Auch die Empfangsanzeige springt auf 100 Prozent, selbst wenn wir uns im Wald aufhalten. Irrelevant dabei die Frage, warum wir ausgerechnet in einem Wald eine Bildschirmaufnahme benötigen.

Das Resultat: Apps die im echten Leben unbrauchbar sind.

Bei schlechtem Netzempfang bringen Sie besser etwas Geduld mit.In dieser Situation bringen Sie besser etwas Geduld mit.

Facebook, Candy Crush, Feedly: Alle scheiße

Die insgesamt überladene Facebook-App ist ein gutes Beispiel für eine na(t)ive App-Entwicklung. Facebook wird in der U-Bahn unbrauchbar. Bei schlechtem Empfang friert die Oberfläche ein, während die App versucht neue Inhalte zu laden, statt einfach die bereits geladenen anzuzeigen. Der RSS-Reader Feedly, eine ansonsten brillante App, stürzt regelmäßig ab, wenn beim Lesen der Empfang abbricht. Candy Crush verbindet sich beim Start mit dem Internet. Das dauert umso länger, je schlechter der Empfang ist. Das zeugt nicht gerade von Nutzerfreundlichkeit.

Offline sieht das ganze anders aus. Hat ein Smartphone gar keinen Empfang, startet Candy Crush beispielsweise im Nu. Dasselbe gilt für Facebook. Ich habe einmal versucht, Freunden in der U-Bahn ein Bild auf Facebook zu zeigen, dass ich kurz zuvor in derselben App angesehen hatte. Nach fünf Minuten habe ich aufgegeben, den Flugmodus eingestellt und siehe da: Die Facebook-App funktionierte und das Bild, welches noch im Cache lag, wurde angezeigt.

Kommt raus aus eurer Traumwelt

“Es ist ein Problem, dass Entwickler immer davon ausgehen, immer eine schnelle Verbindung zu haben. Aber das ist ein Fehler, unsere Kunden haben andere Standards.” Chris Heilmann, Evangelist beim Firefox-Entwickler Mozilla, gab mir diese treffsichere Analyse in einem Gespräch auf der MobileTech Conference Anfang September in Berlin. Nur ist Heilmann kein App-Entwickler im eigentlichen Sinne.

Als Evangelist für das mobile System Firefox OS fördert Heilmann die Entwicklung von Web-Apps. Naturbedingt benötigen Web-Apps trotz ausgeklügelter Caching-Algorithmen eigentlich ständig eine Internetverbindung. Genau deshalb weiß es Heilmann besser: Eine Web-App funktioniert nicht, wenn sie sich nur so lala mit dem Server verbinden kann. Heilmann empfiehlt Entwicklern daher, eine App so zu schreiben, dass sie offline startet und erst bei einer gewissen Signalqualität neue Inhalte lädt.

Ich hasse alle Apps

App-Entwickler sind faul. Manche von ihnen haben vielleicht gute Ideen und leisten feine Arbeit. Wenn es allerdings ums große Ganze geht, sind die Entwickler wie jeder von uns: Sie denken häufig nicht zu Ende. Das ständige Versagen von Apps in Situationen im echten Leben ist der Beweis und der Grund für tägliche Frustration. Apps wie Facebook, Feedly oder Candy Crush sind Ausgeburten von Entwickler-Armaden die unter Laborbedingungen Apps entwickeln. Ich hasse sie alle.

Auch unsere anderen Redakteure haben eine Meinung. Lesen Sie, was unsere Redaktion so denkt.

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Über den Autor: Tim Vüllers

Apps, Smartphones, Statistik und das Internet of Things sind Themen, mit denen ich meine Freizeit verschwende. Bei Softonic schreibe ich hauptsächlich über Smartphone-Apps und E-Mail-Sicherheit. Meine neuste Leidenschaft: Der Datenjournalismus.

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