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Meinung: Blödes Wetter

Meinung: Blödes Wetter
Tim Vüllers

Tim Vüllers

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Die Besessenheit der Deutschen mit ihrem Wetterbericht konnte ich noch nie ganz nachvollziehen. Das Wetter hat mich nicht genügend interessiert. Wenn die Sonne schien, habe ich mich gefreut. Bei Kälte habe ich einen Pullover angezogen und wenn es dann doch einmal geregnet hat, wurde ich eben nass.

Geändert hat sich das für kurze Zeit, als ich für unsere Redaktion Wetter-Apps getestet habe. Ich fühlte mich übermächtig dank regelmäßiger Push-Nachrichten, die mich über eintretende Regengüsse und Gewitter informiert haben. Doch die Macht war eine Illusion.

Wetter-Apps lassen uns glauben, Bescheid zu wissen

Als in Spanien lebender Deutscher bin ich eigentlich ganz zufrieden mit dem Wetter in Barcelona. Zwischen Juni und Oktober trägt man kurze Hose und T-Shirt. Wenn es überhaupt mal regnet, handelt es sich um eine verirrte Gewitterwolke, die sich nach zehn oder 30 Minuten wieder aufs Meer verzieht. Mein einziges Problem: Manchmal vermisse ich das schlechte Wetter.

Manchmal vermisse ich das schlechte Wetter.

Wie Sie vermutlich auch, habe ich Wetter-Apps dazu genutzt, um ein Auge für Gewitter und Stürme offen zu halten. Der einzige Unterschied: Sie wollen pünktlich zu Hause sein, um nicht nass zu werden. Ich möchte pünktlich zu Hause sein, um das Gewitter bei offenem Fenster zu genießen.

Wetter-Apps: Ein Fenster in die Zukunft?

Die Wetter-Apps waren mein Fenster in die Zukunft. Diese liefern mir nicht nur eine gute Vorhersage für den Tag sondern auch eine Mikrovorhersage für jede Stunde samt Temperatur, Bewölkung und Regenwahrscheinlichkeit. Treffsicherer sind die Apps damit noch lange nicht. Viel eher bieten die stündlichen Vorhersagen mehr Spielraum zum Versagen und in meiner frohen Erwartung auf ein Gewitter erlitt ich mehr als nur eine herbe Enttäuschung.

Erst heute Morgen saß ich Zuflucht suchend in einem Café, um mich vor einem monsunartigen Gewitterguss samt Hagel zu schützen. In der Hoffnung auf Informationen über die Dauerhaftigkeit des Gewitters, habe ich meine Wetter-App geöffnet. Diese hat mich über einen bewölkten Tag informiert.

Die Sache mit der Wahrscheinlichkeit

Andere Glanzstücke leisten Wetter-Apps auch in die andere Richtung: Bei 50 Prozent Regenwahrscheinlichkeit packt ein Hamburger vermutlich einen Schirm ein. Hier in Barcelona kann man selbst bei 80 Prozent davon ausgehen, nicht nur trocken nach Hause zu kommen, sondern auch am Strand den blauen Himmel genießen zu können.

Warum sollte ich daher meine Zeit und meine Gedanken an Wettervorhersagen verschwenden, die nicht nur ungenau sondern unwahr sind? Trotz Big Data, Supercomputern und Jahrzehnten der Erfahrung haben Wettervorhersagen noch heute die Qualität einer kaputten Steckdose. Eine schöne App-Oberfläche und Push-Nachrichten ändern an diesem Grundproblem überhaupt nichts.

Ich verlasse mich wieder auf einen Blick aus dem Fenster

Ich habe die Wetter-Apps deshalb wieder von meinem Smartphone gelöscht. Denn was nützt mir eine falsche Vorhersage? Selbst auf Push-Nachrichten, die mich vor Regen warnen, kann ich gut verzichten. Ich verlasse mich einfach wieder auf einen Blick aus dem Fenster und empfehle Ihnen das Gleiche. Unwissenheit ist manchmal ein echter Segen und eine Gewitterwolke erkenne ich auch ohne App bereits, bevor ich mitten im Regen stehe.

“Rechtsverzicht”: Neben den im Artikel 7 Apps für den privaten Wetterbericht vorgestellten Apps hat der Autor noch weitere Apps ausprobiert. Nicht jede Wetter-App ist dabei murks. Auch die, die es sind, liegen manchmal richtig.

Über den Autor: Tim Vüllers

Über den Autor Tim Vüllers Apps, Smartphones, Statistik und das Internet of Things sind Themen, mit denen ich auch meine Freizeit verschwende. Bei Softonic schreibe ich hauptsächlich über Smartphone-Apps und E-Mail-Sicherheit. Meine neuste Leidenschaft: Der Datenjournalismus.

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